Erwarte nicht zu viel von glücklichen Lebensereignissen – fürchte dich aber auch nicht zu sehr vor den negativen

Psychologische Studien haben gezeigt, dass wir in der Regel völlig falsch einschätzen, wie stark sich zukünftige Ereignisse auf unsere Lebensfreude auswirken werden.

So überschätzen wir in der Regel, wie schlecht es uns gehen wird, wenn wir in der Zukunft von einem Schicksalsschlag getroffen werden. Und wir überschätzen auch, wie großartig wir uns fühlen werden, wenn wir in der Zukunft einmal richtig Glück haben. Unsere Fehleinschätzung betrifft dabei sowohl die anfängliche Intensität der emotionalen Reaktion als auch deren Dauer.

So glauben die meisten Menschen z.B., dass sie durch einen Lottogewinn, ein neues Auto oder ein Haus dauerhaft glücklich werden würden. Dies ist jedoch nicht der Fall. In Wirklichkeit stellt sich nach dem Gewinn oder Neuerwerb nur eine kurze Phase der Euphorie ein, in der man sich über das große Glück freut. Einige Monate bis maximal 2 Jahre später ist man jedoch wieder genauso glücklich oder unglücklich wie zuvor.

Dies bestätigt auch eine großangelegte Studie von Nathan Kettlewell  und seinem Team von der TU Sydney, die an 14.000 Menschen in Australien über einen Zeitraum von 12 Jahren hinweg durchgeführt wurde. In dieser Studie erforschten sie, welche Ereignisse die Lebenszufriedenheit (Bewertung) und das Wohlbefinden (Emotion) der Befragten wie stark beeinflussen.

Die positiven Ereignisse, deren Auswirkung untersucht wurde, waren dabei das Finden eines neuen Jobs, Beförderung, Renteneintritt, erheblicher finanzieller Gewinn (Lottogewinn, Erbschaft etc.), Hochzeit, Schwangerschaft (selbst bzw. Partnerin) und Kindsgeburt.

Die untersuchten negativen Ereignisse waren der Tod des Ehepartners oder eines eigenen Kindes, Trennung, Geldverlust, Inhaftierung, Opfer von Gewalt werden, ernsthafte Verletzung oder Krankheit erleiden, Opfer von Raub werden, Tod eines Freundes, Tod eines Verwandten, Wohnungsverlust und Jobverlust.

Die Forscher kamen dabei zu folgenden Ergebnissen:

Zu Frage 1: Wie stark wirken sich die oben genannten positiven Lebensereignisse auf die Lebenszufriedenheit und die Lebensfreude der Versuchspersonen aus?

  • Keines dieser Lebensereignisse wirkte sich sowohl auf die Lebenszufriedenheit als auch auf die Lebensfreude dauerhaft positiv aus.
  • Keines der untersuchten Lebensereignisse führte zu einer dauerhaften Steigerung des Wohlbefindens.
  • Die größte vorübergehende Steigerung der Lebenszufriedenheit kam durch eine Heirat, die Geburt eines Kindes und einen großen finanziellen Gewinn zustande.
  • Langfristig führten nur große finanzielle Gewinne und der Eintritt in den Ruhestand zu einer positiveren Bewertung der eigenen Lebenssituation. Sie machten aber keinen großen Unterschied für das Wohlbefinden.
  • Viele positive Lebensereignisse, wie z.B. das Finden eines Jobs, eine Beförderung oder eine Gehaltserhöhung hatten nur geringe Auswirkungen auf das Wohlbefinden.
  • Eine bevorstehende Heirat oder Kindsgeburt steigerte zwar die Vorfreude, nicht jedoch das Wohlbefinden nach dem Ereignis.
  • Stattdessen sank nach einer Kindsgeburt das Wohlbefinden der Eltern, auch wenn sie im ersten Jahr nach der Geburt angaben, deutlich zufriedener zu sein.

Zu Frage 2: Wie stark wirken sich die oben gelisteten gefürchteten Lebensereignisse auf die Lebenszufriedenheit und die Lebensfreude der Versuchspersonen aus?

  • Die Lebensereignisse, bei denen das Wohlbefinden am tiefsten sank, waren der Tod eines Partners oder Kindes sowie große finanzielle Verluste.
  • Schwerwiegende Gesundheitseinbußen führten ebenfalls zu deutlichen Einbußen im Wohlbefinden.
  • Im Gegensatz dazu hatten Jobverluste relativ wenig Einfluss auf das Wohlbefinden.
  • Alle Einbußen im Wohlbefinden verschwanden jedoch spätestens nach 2 bis 4 Jahren.
  • Zwei Monate nach Beendigung einer Beziehung geht es den Menschen im Allgemeinen deutlich besser, als sie erwarten.
  • Der Tod eines Partners oder Kindes sowie Trennungen, schwerwiegende Gesundheitseinbußen, Arbeitslosigkeit und massive finanzielle Verluste wirkten sich jedoch dauerhaft negativ auf die Lebenszufriedenheit der Betroffenen aus.

Fazit:

Es dauert zwei bis vier Jahre, bis wir nach den traurigsten Ereignissen unseres Lebens, insbesondere Gesundheitseinbußen, Tod der engsten Bezugspersonen und großen finanziellen Verlusten, das frühere Niveau unseres Wohlbefindens wiedererlangen.

Im Gegensatz dazu steigern die glücklichsten Ereignisse im Leben – Ehe, Geburt und ein großer finanzieller Gewinn – unser Wohlbefinden nur für maximal zwei Jahre lang.

Viele wichtige Lebensereignisse, von denen wir uns eine Steigerung unseres Glücksniveaus versprechen, haben in Wirklichkeit relativ geringe Auswirkungen auf unser Glück.

Wenn du zu den Menschen gehören solltest, die ihr Wohlbefinden gerne deutlich und dauerhaft steigern würden, solltest du deine Hoffnungen somit nicht ausschließlich auf glückliche zukünftige Ereignisse in deinem Leben setzen. Viel wichtiger ist stattdessen die Qualität deiner Gedanken.

 

 

Quelle: Kettlewell, N. et al (2020) „The differential impact of major life events on cognitive and affective wellbeing“. Science Daily.